20 Grad oben und unten

Herrliches Segelwetter heute!

So macht das wirklich Spaß. Sonne/Wolken und etwas über 20 Grad. Zum Ausziehen reicht’s nicht, aber immerhin reichen Schwimmweste, T-Shirt und Shorts. Denn das Wasser hat hier ebenfalls bereits 20 Grad! Kaum Seegang, wenig Wind und trotzdem kommen wir gut voran. So sollte das sein. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Karibik in einigen Wochen.

Noch knapp 125 nm bis Bermuda. Morgen Mittag sollten wir da sein. Und den Sturm haben wir auch umgangen.

Unseren Biopunks habe ich erst einmal abgesagt, doch Anfang kommender Woche soll es ganz ruhig werden, da klappt das dann auch mit den Unterwassernachbarn.

Uns wurde angeboten eine Rennyacht in die Karibik zu überführen (Wie die bloß immer auf uns kommen, Chris? *grrr) Natürlich werden wir das nicht machen! Chris meinte dann, sie und ich könnten aber wenigstens mal einen Tag mit diesem Hochgeschwindigkeitsteil mitsegeln. Warum nicht? Klingt nach fun!

Irgendwie habe ich so das Gefühl, dass Chris die Yacht gerne überführen würde… Schließlich hat sie mal an diesen Dingern gearbeitet. Unsere Frau Ingenieurin.

ABER SOWAS VON NEIN! Wer würde mir denn dann das Bett aufwärmen? Außerdem brauchen wir jemanden, der unser altes Boot wieder zusammenschraubt, wenn es unterwegs auseinanderfällt. Ist ja schön, dass sie das gerne machen würde, doch sie hat hier angeheuert (auch wenn sie Co-Owner ist) und kann sich nicht einfach für ein paar Wochen verdrücken!

Außerdem will ich irgendwann an meinem neuen Buch weiterarbeiten und da wird sie gebraucht.

Und außerdem bin ich ständig megageil auf sie.

Apropos megageil: Joana ist immer noch im Jammertal.

Deutsches Segel-Einmaleins

Irgendwie ist das schon ein wenig krass schwierig…

unser englisches Segel-Einmaleins plötzlich auf Deutsch auszudrücken. Da muss ich sogar manches nachschauen. Aber irgendwie lerne ich die Sachen dann auch mal auf Deutsch.

Das Wetter ist miserabel aber die Temperaturen steigen. Irgendwie passt das auch nicht so richtig zusammen.

Schon geil, die Anny

Es ist doch immer wieder faszinierend…

wie gut so eine Hochsegelketsch, gegenüber modernen einmastigen Sluptakelungen vor dem Wind oder auf Raumkursen läuft. Ab halbem Wind fängt die Sache aber sofort an, sich zu relativieren. Dann möchte man auf dem Zweimaster am liebsten aussteigen und schieben.

Momentan drischt die Anny jedenfalls mit Gennaker und Stag bei annähernd halbem Wind durch die Wellen wie ein römischer Streitwagen durch die Arena.

Schon geil.

Schifffahrtsgrab

Wir kommen ganz gut voran.

Wir sind mit Gennaker und Stag in fast halbem Wind unterwegs.

Das Wetter ist wie erwartet, Südwind mit um die 13 kn moderat. Allerdings werden wir uns weiter nördlich halten müssen um eine von Süden aufkommende Flaute zu umgehen.

Dadurch wird sich unsere Ankunft wohl bis morgen Nachmittag verzögern, abhängig davon, ob wir dem dann von Westen aufziehende Wetter umgehen müssen.

Die Windverhältnisse im Bermudadreieck sind sehr komplex, vermutlich ist das auch der Grund für den legendären Ruf der Gegend als Schifffahrtsgrab. Dank Satellitennavigation und Wetterbeobachtung ist das aber heute kein ganz so großes Problem mehr.

Ich bin auch immer wieder fasziniert davon, wir lange selbst vermeintlich kurze Entfernungen auf den Karten tatsächlich dauern und sich doch, wenn man das Ziel schließlich erreicht hat, alles wieder relativiert hat.

Wie auch immer: Nur noch einen Tag und eine Nacht nach Bermuda.

Wobei ich überlege, ob ich unseren beiden Mikroskop-Punks* noch einen Tag weiter im Norden zum Sammeln von irgendwas gewähren soll, dessen Name ich nicht aussprechen kann.

*DARÜBER muss ich nun wirklich noch schreiben!!!

Sie hat es nicht so mit Lesbensex

Joana hat sich tatsächlich noch nicht wieder gemeldet.

Kein gutes Zeichen, doch das war ja irgendwie klar gewesen. Das Projekt war ihr wichtig und dass es bisher nicht die tollsten Kritiken bekommen hatte, machte ihr sowieso schon genug aus.

Ich kenne das: Auch wenn ich meine Bücher weitestgehend für mich selbst und für ein paar treue Fans schreibe, stört es mich doch, wenn ich so wenig Rückmeldung bekomme.

Über mangelnde Rückmeldung kann sich jemand wie Joana natürlich nicht beklagen, doch wenn die nicht so ist, wie sie es eigentlich gewohnt ist…

Anyways…

Helfen kann ich ihr nicht, solange sie sich vergräbt. Ich hoffe nur, sie hat das Zusammentreffen mit ihrer großen Liebe – das erste öffentliche, seit so langer Zeit – gut verkraftet.

Nein, eifersüchtig bin ich nicht. Nichts würde ich mir mehr wünschen, als dass es mit den beiden wieder funktionieren würde! Ich liebe sie und dazu gehört, dass ich will, dass sie glücklich ist und – da mache ich mir gar nichts vor – Joana hat es nicht so mit Lesbensex. Sie schläft nicht mit Frauen. Sie schläft mit mir und wir wissen beide, dass es nicht ihre Erfüllung ist, weil sie etwas anderes braucht als das, was sie selbst hat. Daher auch unser Arrangement.

Ja, Arrangement. Wir lieben uns wie sonst nichts auf der Welt. Aber um realistisch zu bleiben: Wir sind beste Freundinnen, die Intimität brauchen – aber eben auch das richtige Ausleben der eigenen Sexualität. Und das bedeutet für sie Sex mit einem Mann und für mich Sex mit einer wirklich dominanten Frau. Nichts davon können wir uns gegenseitig geben – es sei denn, wir erlauben uns Freiheiten, was wir tun.

Und wenn bei ihr diese Freiheit ihr Ex wäre – was könnte besser sein? Bei mir ist es ja auch meine Ex und Joana war es, die mich dazu ermuntert hatte.

Wie komme ich eigentlich auf diesen ganzen Quatsch?

Vermutlich weil es mich immer zum Wahnsinn treibt, wenn ich länger nichts von ihr höre.

Und apropos Wahnsinn: Zoe versucht sich mehr und mehr in mein Leben zu drängen.

Quantensprache

Nachdem wir ganz ordentlich vor dem Wind hergetrieben werden,

bin ich guter Dinge, dass wir dem Wettergott einen Streich spielen können. So macht das Ganze jetzt auch schon ein bisschen mehr Spaß: Sonne-Wolken-Schauer-Mix bei 17 Grad und einer ganz netten Brise.

Ken nennt unser Boot inzwischen den „Lesbenexpress“. Alles nur weil Tine und Harakiri ständig so dicht zusammenhängen und dauernd am Quatschen sind. Haben Wissenschaftlerinnen überhaupt ein Sexualleben? Ich muss das mal ausprobieren. Ich wette jedenfalls, dass die nur ununterbrochen zusammenklüngeln, weil sie nicht wissen, was sie mit uns reden sollen, weil wir Sterblichen ihre Quantensprache sowieso nicht verstehen. Meine werden sie verstehen – sobald ich sie erst einmal im Bett habe, das garantiere ich,

Apropos im Bett: Vorhin kam Chris zu mir ins Bett gekrochen, ist gegen mich gerollt, hat sich angekuschelt und sofort angefangen zu schnarchen. Sie muss noch viel müder sein als ich! Ich glaube, sie hat seit NY nicht mehr als zwei Stunden geschlafen, die Arme. Ich werde wohl nachher ihre Schicht mit übernehmen, damit nicht noch das alte Boot auseinanderfällt, wenn sie nicht mehr in der Lage ist den Schraubenschlüssel zu halten!

Erholung

Sonnenaufgang.

Jetzt werde ich mich erst einmal von der Nacht erholen. Wir konnten durch die Kursänderung relativ schnell das Dickste hinter uns lassen, doch die See war immer noch so hoch, dass keiner unter Deck konnte. Das hat sich in den letzten Stunden gebessert.

Wir haben jetzt alles Tuch gesetzt und segeln OSO direkten Kurs nach Bermuda. Nahezu direkt vor dem Wind, was sich aber in den kommenden beiden Tagen noch ändern wird. Wir müssen uns ein wenig beeilen, wenn wir den großen Sturm am Mittwoch austricksen wollen. Die Flaute jedenfalls erwischt uns nicht.

Ich kümmere mich jetzt mal um Tee und Kaffee und um mich selbst und dann gönne ich mir mal zwei Stunden Schlaf.

Wutanfälle, was sonst?

Gerade eben kommen wieder Nachrichten durch.

Na, ganz toll: Natürlich hat sie ihn nicht bekommen, wie befürchtet. Ich weiß ja nicht, warum sie sich noch so aufregt, es wäre nicht ihr erster gewesen und es wird auch wohl nicht der letzte bleiben. Außerdem hat die Award-Season ja gerade erst angefangen.

Aber natürlich tobt sie jetzt erst einmal für ein paar Tage in ihrem Haus herum und ich möchte wirklich nicht in der Haut ihrer Angestellten stecken.

Und bei der kryptischen Message, die ich von ihr erhalten habe, kann ich auch ziemlich sicher sein, dass sie nicht auf Bermuda auftauchen wird!

A man is blessed? WTF?!

Wetterschule?

Jetzt wird es hier draussen aber gar nicht mal so unspannend mit Boen bis Windstärke 10. Ich bekomme hier das Gefühl als würde uns ein Renntruck schieben!

Wir werden dann also mal vorsichtig nach Süden abfallen, damit wir schneller aus dem Schlamassel rauskommen. Ich werde Ken wohl nochmal auf die Wetterschule schicken müssen.

Und dann werde ich wohl mal für ein paar Stunden das Handy zur Seite legen.

Und wie soll ich jetzt die Globes schauen?

Kaffeepause

Endlich eine kleine Pause für mich.

Frühstückspause um genau zu sein. Der Wind hat gedreht, bläst jetzt mit knapp 30 Knoten von NW, was nicht sehr nett ist. Boen bis 40 Knoten (Windstärke 8) geben einen kleinen Vorgeschmack auf den Sturm, mit dem wir am Mittwoch zu rechnen haben. Wenn wir es nicht schaffen, den abzuwettern – wird es spannend… Ehrlich gesagt: erleben möchte ich das nicht, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Und dann schweigt auch mein Tagebuch mal für eine Weile…

Ken hat sich auf jeden Fall vorhin fast zwei Stunden mit dem Wetter beschäftigt, wobei es natürlich bis Mittwoch noch lange hin ist. Noch ungünstiger: Vorher müssen wir noch durch eine Flaute durch, was das Umgehen noch schwieriger macht.

Bermudadreieck. Verstehe.

Whatever…

Vorhin ist Zoe aufgetaucht. Sie meinte, ich bräuchte nicht zu denken, dass ich sie los wäre. Ich wäre nicht immer auf dem Boot und Joana wäre nicht immer dabei. Ich schätze, sie hat Chris vergessen.

Hoffe ich.

Andrew macht sich ganz gut bei dem Scheißwetter. Trotzdem muss ich mich noch an den Gedanken gewöhnen, dass da ein Halbgreis in Regen und Sturm an Deck herumturnt. Ich habe diese negativen Erfahrungen an dieses Krankenhaus in Spanien, in dem sie mein Auge in Ordnung gebracht haben, nachdem ich einen anderen Oldie davor bewahrt hatte über Bord zu gehen. Kein gutes Gefühl.

Ken sagt, ich müsse mir keine Sorgen machen, Andrew wäre ein alter Seebär und sicherer an Deck als jeder von uns. Ich hoffe, Neptun sieht das auch so!

Tee. Dann Kaffee. Bei so einem Wetter brauche ich nach meinem Tee einen Kaffee oder zwei. Was ich gerade noch mehr bräuchte, wären die Finger von Chris in meiner Hose. Gerne auch hier am Kaffeetisch. Joana käme natürlich noch besser. (Ich denke heute an dich und drücke ganz fest die Daumen, my love.)

Bin ich sexsüchtig?

Ja.

Warum? Stört es irgendwen?

Cornelia mit Topf und Schürze

Ich muss sagen,

die Sache fängt an, interessant zu werden: Ich beobachte Cornelia beim Kochen und trotz des etwas zweifelhaften Namens, scheint sie sich mit einer Bordküche auszukennen. Ich bin wirklich gespannt, was dabei herauskommt.

Was mich auch interessiert: Haben Cornelia und Andrew wohl noch Sex? Auf einem Boot weiß man das meist nach dem ersten Mal – es sei denn, sie halten sich gegenseitig den Mund zu. Dann sieht man es aber spätestens am dummen Grinsen am nächsten Morgen.

Fit genug scheint der Oldie auf jeden Fall zu sein, so wie er an Deck das Zeug handelt.

Hatte ich erwähnt, dass ich Sex brauche?

Hören und Sehen

Ich verstehe das nicht:

Jetzt durfte Chris mir eine Stunde lang Hören und Sehen vergehen lassen und ich darf immer noch nicht Harakiri sagen?

Bei der Gelegenheit: Sie sagte, ich müsse mal daran arbeiten, „was da alles rein soll“. Wie soll ich denn das jetzt wieder verstehen? Meint sie mehr oder weniger? Oder meint sie welche… Ich kapier’s nicht! Sie muss mir das nachher mal erklären!

Andererseits bin ich der Meinung, jede Frau ist Herrscherin über ihre eigene Möse (ich schreibe jetzt erstmal „Möse“ und „Titten“ bis sich die Leserinnen an Erwachsenensprache gewöhnt haben).

Übrigens hatte ich das Gefühl, dass Andrew uns (mir) zugehört hat. Ich habe ihm mal symbolisch ein Handtuch gereicht.

Wie liest man ein deutsches Buch auf Englisch vor?

Ich muss das ja nochmal betonen:

Mein neues Buch liest sich auf Papier wirklich einfach nur besser als das E-Book. Passiert selten, diesmal aber ganz bestimmt. Wer es sich leisten kann, sollte unbedingt zum Paperback greifen. Es lohnt sich. Es macht sich nicht nur im Regal gut, sondern auch in der Hand.

Ich jedenfalls kann es kaum loslassen. Was jedoch auch daran liegt, dass ich es Joana vorlesen muss – und zwar auf Englisch. (Und ich mir dafür ein paar Notizen am Rand mache.) Nie wieder mache ich solch saublöde Weihnachtsgeschenke! Vorher denken hilft manchmal!

Wie liest man ein deutsches Buch auf Englisch vor? ICH HABE NICHT DEN SCHIMMER EINER AHNUNG!

Cornelia, Tine und Harakiri

Stockfinster. Regen. 10°. Gefühlte -5°.

Auf Deutsch: Scheißwetter. Oder wie der Seefahrer sagt: Shitwetter. Allerdings ist das um diese Jahreszeit nicht anders zu erwarten an der Ostküste. Na ja, das wird in ein paar Tagen gänzlich anders sein. Bermuda wird uns zwar ebenfalls mit Schauern empfangen aber mit lächelnden 20°. Immerhin. Auch wenn es danach wieder in die Kälte geht: Nett mal eine kleine Sonnenpause einzulegen. Außerdem wird Joana dort sein. Versprochen ist versprochen.

Apropos Joana: Heute ist ihr großer Tag (okay, einer von vielen): die Globes. Sämtliche vorhandenen Daumen drücken, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie diesmal leer ausgehen wird. Bei SJ hingegen wird das ganz anders aussehen, dessen bin ich sicher! Hängt eben alles von den Produktionen ab. Andererseits – was weiß ich schon? Und da ist noch eine, der ich eigentlich die Daumen drücken müsste – aber ganz ehrlich: es interessiert mich bei ihr nicht so sehr. Ihr würde ich viel lieber noch einmal etwas anderes drücken…

Anyway…

Fragt mich doch eine, warum ich teilweise so „kryptisch“ schreiben würde. Nachdem ich das Wort gegoogelt hatte, musste ich ihr erklären, dass das hier ein verdammtes Tagebuch ist und kein Roman! Leute gibt’s…

Apropos Roman: Ich muss mein neues Buch jetzt mal langsam anfangen aufzuarbeiten. Das mache ich immer danach und bei „Forever“ werde ich das besonders intensiv tun. Zumal alles darin sehr persönlich ist. Und ich außerdem eine Menge Zeit habe.

Wir haben jetzt eine stattliche Crew zusammen: Da wären also Conny aus der Schweiz und ihr Mann Andrew (ANDREW!!!) aus Cornwall, die beiden sind unbezahlte Seeleute (Wir nennen das „Schmarotzer“. Warum, weiß ich auch nicht. Dumm eigentlich.) Die 40jährige Conny nenne ich nur Cornelia, das ärgert sie. Herrlich! Ihren Mann nenne ich Andrew. Das stört nicht, er ist knapp 60. Dann gibt es da die beiden Wissenschaftlerinnen und Hobbyseeleute Christine aus Valencia, waschechte Spanierin – ich bestehe darauf, dass sie „Tine“ genannt wird, um sie nicht mit meinem second lover zu verwechseln und Harakiri aus Hakuna-Matata oder so. Beides kann ich mir nicht merken. Sie grummelt, wenn ich sie Harakiri nenne und Ken und Chris sagen, das wäre politisch nicht korrekt und ich habe Ken und Chris angeboten zurückzuschwimmen, wenn es ihnen nicht passen würde. Jetzt sind sie einverstanden.
Chris fand die Schwimmgeschichte offenbar so heiß, dass sie mir zugeflüstert hat, dass sie mich nachher ficken würde, dass mir Hören und Sehen vergeht. (Unsere Schicht ist gerade vorbei. Mal sehen,)
Ach so: Tine und Harakiri sind ziemlich junge (!) Meeresbiologinnen und machen irgendwas, das mit ekligem Viehzeug und viel Wasser zu tun hat. Sie haben mir versprochen, nichts Perverses zu machen und wenn doch, dann heimlich. Ob die zwei etwas miteinander haben, habe ich noch nicht herausgefunden.
Harakiri ist jedenfalls ein ziemlich heißes Weib.

Mit Ken und Chris und mir sind wir dann etwa 7 Leute an Bord. Nicht gerade wenig auf so einer Ketsch. Vor allem nicht auf einer frisch umgebauten, auf der die Eignerin – also ich – eine ziemlich große Kabine bekommen hat. Und die Co-Eignerin – also Chris – sich auch ziemlich viel Platz zugeteilt hat. Obwohl sie mehr in meiner Koje liegt, als in ihrer eigenen. Für die anderen wird’s eng.

3-4 Tage bis nach Hamilton. Unterwegs wird es noch ziemlich stürmisch werden, ein Tief, das wir wohl kaum abwettern können. Na ja, ein wenig Übung mit unserem neuen Boot haben wir ja schon. Allerdings noch nicht auf hoher See. Macht allerdings keinen Unterschied. Wasser ist Wasser.

Wie war das jetzt nochmal mit „Hören und Sehen vergehen“?

Bye bye, New York!

Endlich draußen.

Aufstehen zur Unzeit. (Gibt’s „Un“zeit?) Das Wetter ist hier draußen kaum besser, dafür ist aber der Wind stärker geworden = mehr Fahrt.

Jetzt erstmal essen. Conny (*aaah!) darf ich jetzt nicht stören, also Tomaten und Zwiebeln selbst geschnitten, Essig und Öl dran und futtern. Liege ja gleich wieder alleine im Bett und meinen Dildo stören die Zwiebeln nicht.

Chris und Ken wissen wie sehr ich es hasse mich um Neue zu kümmern. Ich kann Stümperei nicht leiden und Neue stümpern immer. Logisch. Wir reden dann, wenn sie wissen wo vorne und hinten ist. Als Ausbilder tauge ich nichts. Vermutlich würde ich sie nach spätestens 10 Minuten über Bord werfen.

Zoe ist seit Wochen nicht aufgetaucht. Ich vermisse sie schon fast.

Hahaha!

Wo ist mein Kindle?

Fucking müde

Kaum haben wir The Narrow hinter uns, fange ich an ernsthaft müde zu werden.

Ich glaube, es wird auch wirklich mal Zeit sich wenigstens für ein paar Stunden hinzulegen. Wofür habe ich schließlich die schöne neue Kabine! Leider kann ich Chris nicht mitnehmen, denn sie muss sich mit Ken zusammen um die Neuen kümmern.

Der Seegang ist harmlos, duschen ist problemlos drin. Hervorragend. Dann ins Bett, masturbieren und lesen bis ich einschlafe. Göttin, bin ich müde!

Hunger kann mich heute mal!

Große Augen

„Es geht doch nichts über das Geräusch von Wind in den Segeln“, seufzt die Japanerin zitternd.

„Mmh…?“, entgegne ich: „Ich bevorzuge Ficken an Deck im Sommer.“

Ich wusste gar nicht, dass japanische Augen noch größer werden konnten.

Nebel

Soviel zum Thema Sicht.

Nebel auf dem Hudson. Da brauche ich auch keine Götterdämmerung, da tut es dann auch das Radar. Schöner Mist! So viel dann auch zum Thema Sightseeing!

Ab und zu mal ein paar Lichter durch die Nebelschwaden und das war’s. Abgesehen von der üblichen Nebelhupereien auf solchen Flüssen.

Und bei solchen Verhältnissen hoch am „Wind“ bekleckert sich die Anny ja auch nicht gerade mit Ruhm. Da wünsche ich mir dann manchmal doch schon einen modernen Einmaster.

Wie auch immer. Kalt ist es auch noch. Winter eben.

Aber wir haben zwei süße Wissenschaftlerinnen hier sitzen und vor sich hin frieren. Wo haben diese spanischen Unis eigentlich immer diese Japanerinnen her? Sie können angeblich segeln, sagte Ken, doch sie kamen erst gestern Abend und sind noch nicht eingewiesen. Und danich bei solchen Verhältnissen niemanden unter Deck lasse, heisst es erst einmal sitzen bleiben und die hübschen Näschen abfrieren.

Wenn wir den Hudson hinter uns haben wird es besser.

Es graut der Morgen

Aber noch nicht wirklich

06:30 EST

Wolken, Wolken, Wolken und ein Lichtschimmerchen im Osten. Nope, ist mir noch viel zu dunkel, denn auf dem Hudson ist Betrieb. Zuviel Betrieb. Und ich will zumindest meine Hand sehen können, wenn wir mit einem Frachter kollidieren…

Und diese Conny? Wortkarg. Sind Schweizerinnen wortkarg? Und überhaupt: Warum ist die nicht in ihren Bergen?

Letzter Kaffee in New York

Bermuda wartet

05:00 EST

Ich sollte sowas öfter mal an einer nächtlichen Imbissbude trinken. Gar nicht mal so schlecht.

Conny holt mich mit dem Dingy ab. Conny. CONNY! WIE KANN DENN JEMAND CONNY HEISSEN??? Wie alt muss diese Frau denn sein? 60?! (Was heißt den Conny eigentlich? Cornelia? *aua)

Sie ist der weibliche Teil unseres neuen See“mann“-Pärchens. Ich bevorzuge ja den englischen Ausdruck „sailor“. Wie auch immer. Sie holt mich jedenfalls ab und ich grübele darüber nach, wieso die eigentlich immer in Paaren kommen und fast immer einer von beiden Koch ist. Zusätzlich Koch ist, natürlich. Für einen Koch ohne alles gäbe es bei uns keinen Platz.

Wie dem auch sei. Wir laufen also gleich aus. Und da wir nun endlich unser neues Tuch haben – neue Sturmfock, neue Stag und – *seufz – neues Hauptsegel, wurde das Boot nun auch endlich umgetauft. „Anny X“ heißt sie jetzt. Nachdem Joana mir fast an die Gurgel gegangen ist, als ich das Boot „Joana X“ taufen wollte. (Auf Englisch wird das „X“ wie „Ex“ gesprochen.) Wobei Joana auch Anny X etwas fragwürdig fand. Aber das X musste sein, weil die Anny mein 10. Boot ist und ich sie alle römisch nummeriert habe. Um manche Sachen kommt man einfach nicht drum herum. Umtaufen ging erst mit der neuen Groß, da auf der alten noch riesengroß der bisherige Name zu lesen war. Ich finde, ein Boot mit zwei Namen bringt Unglück.

Und überhaupt ist das MEIN Boot, Baby!

Kein Schlaf in Sicht

Das wird ja doch nichts mehr.

Schlafen ist nicht mehr drin.

03:05 EST

Eigentlich hatten wir sowieso vor im Morgengrauen auszulaufen. Ken sagt, er hätte das Boot fertig, alles würde nur noch auf mich warten. Jaja…

Chris trinkt gerade Kaffee. Während sie sich anzieht. Macht sie immer. Muss ich jetzt wirklich auch? Ich kenne das schon: Kaum bin ich auf dem Wasser, könnte ich wieder schlafen! Andererseits – den Hudson runter ist es wahrscheinlich viel zu spannend um sich wieder hinzulegen. Außerdem ist es hier viel zu tricky um nicht alle Hände an Deck zu haben. Vor allem, wenn man Puristin ist wie ich und den Motor nur unter Androhung tödlicher Gewalt benutzt.

Also nichts mehr mit schlafen. Irgendwie hatte ich es schon geahnt…

Die letzte Nacht an Land

Joanas Apartment in der Village.

0:15 EST

Lustigerweise konnten wir ganz in der Nähe einen Liegeplatz bekommen. Nein, da hatte sie ausnahmsweise mal nicht ihre Finger drin.

Es ist ein wirklich schönes Apartment, ganz oben auf einem Brownstone. Natürlich kein so wirklich gewöhnlicher Brownstone. Es gibt hier einen Concierge und Kameras und einen Aufzug bis ins Apartment. Aber sonst… Und – lustigerweise – ganz in der Nähe vom Friends-Apartment.

Joana ist in LA aber ich kann ja schalten und walten wie ich möchte. „Was meins ist, ist auch deins“, wie sie immer so schön sagt. Da könnte ich wirklich drauf verzichten, wenn ich auch in der Öffentlichkeit mehr sein dürfte, als eine Freundin. Na ja, nicht schon wieder deswegen herumjammern. Es ist wie es ist. Ich bin ja stolz und glücklich allein schon so wie es ist!

Chris und ich liegen in ihrem Bett. Besonders in ihrem Apartment kann ich einfach nicht schlafen, ohne einen warmen Frauenkörper neben mir zu spüren. Ohne im Arm gehalten zu werden. Das heißt, jetzt bin ich erst einmal wieder wach: Tablettenzeit. In diesen Breiten liegen die wirklich blöd. Nächste um 8. Acht, Sechzehn, Vierundzwanzig. Alle acht Stunden. Was man nicht alles macht, um zu überleben… Na ja, man gewöhnt sich dran. Dumm nur, dass ich danach meistens erst einmal nicht mehr schlafen kann.

Ken ist mit der neuen Crew an Bord. Seit ein paar Tagen schon. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich noch nicht dafür interessiert. Schon irgendwie peinlich. Aber eigentlich ist es mir auch egal. Auf jeden Fall wird es ganz schön eng auf dem Boot werden. So eine Ketsch ist eben nicht gerade ein Luxusdampfer.

Ken beschwert sich schon über mein Desinteresse. Der hat gut reden! Der musste ja nicht tagelang die High-Society von Beverly Hills amüsieren, sich die Füße wund tanzen und das Hirn wund denken. Nackt. Manchmal jedenfalls. Und sich ständig nackte Titten betrachten. Gut, letztere hätten ihn nicht interessiert, aber trotzdem!

Er meint, er könne gerne meinen nackten Arsch verhauen, wenn ich an Bord käme. Kann er nicht. Das ist aber ein anderes Thema.

Sylvester

DAS WAREN TAGE! 

Jedenfalls hatte ich in der Sylvesternacht nicht wirklich Langeweile.

Ausserdem ist mir nicht bekannt, dass ich jemals danach so viel geschlafen hätte! Ich kann die Stunden überhaupt nicht zählen. Und meine Füße tun mir immer noch weh! Actually sind sie sogar ein bisschen blutig. Krass! Die Füße blutig getanzt – das ist mir auch noch nicht passiert!
Ich muss von dieser Nacht schreiben, weiss aber gar nicht, wo ich anfangen soll, die Eindrücke waren einfach zuviele! 
Vor allem – ach was! Vorne anfangen! 

Zuerst einmal die Nacht zuvor, die zum 31. Die ganzen Leute! Das ganze Team. Stars, Schaupieler, Director, Produktionsteam, Kameraleute, Licht, Assistenten, Bühnenbildner – ich weiß gar nicht, wo ich anfangen/aufhören soll aufzuzählen. Ich wusste ja gar nicht, dass sie zum Abschluss solche Partys machen. Joana (Joana: J.A. Ich mache das zukünftig mal mit Initialen) sagt, das sei nicht jedesmal der Fall, käme auf den/die Produzenten an. Sogar Der Storywriter war dabei und sogar die Blumenfrau haben sie eingeladen! 
Und ich stehe da und mache die Musik! Ging megagut. Bis auf… na ja. Zweimal habe ich den Einsatz verpasst. Voll verpennt. Bestimmt drei Sekunden Ruhe und einmal, mitten im schönsten Powerset versehentlich mittendrin den Song gewechselt. War zwar der gleiche BMP, hat aber auch nicht wirklich geholfen. Ich glaube, mein dummer Spruch hat mich während der Party gerettet. Und der, ach egal. War anscheinend gut genug. Der zuständige Partyveranstaltungsfirmenagenturmenschenmann für die Sylvesterparty hat zwar den Kopf geschüttelt, doch der Profi-DJ Sven hat vehement darauf bestanden, dass der Typ ein Idiot ist und ihn zusammen mit Joana und einer anderen Schauspielerin überstimmt. 3:1. Gar nicht mal so schlecht. (Ich frage mich ja, was bei einem Patt passiert wäre…? Poker?) Sie hatten nämlich vorher so eine Art Triumvirat gebildet, um über meine Zukunft zu urteilen…

Und dann schlaaaaaaaaaaafen. 

Und dann war Sylvester. Scheiße, meine Nerven! Ich dachte ja wirklich, nach dem 30. wäre das alles einfacher geworden. Am Arsch! Von wegen einfacher! Das Lampenfieber war noch viel größer geworden, was vermutlich daran lag, dass ich den 30. teilweise so vermasselt hatte.

Schließlich war ich um 5 Uhr da und habe mir alles zeigen lassen. Die Tänzerinnen trudelten so ab 6:30 Uhr ein. Ich muss schon sagen… Wow! Mit denen konnte ich nicht konkurrieren. Aber was soll’s – ich konnte Sprechen und Denken. Auch schon was. Und dann war da auch noch so eine Choreografin, die Chefin von ihnen. Die wollte mir doch allen Ernstes sagen, wann ich mich auszuziehen hatte. Mann, habe ich gelacht, so hatte ich mich wirklich schon ewig nicht mehr amüsiert. Joana hat ihr dann zu verstehen gegeben, dass ich diejenige war, wenn überhaupt, die irgendwem zu sagen hatte, wann die Klamotten fielen und wann nicht. Wie sie alle so schön brav auf sie hören… Tsts… Dabei hatte sie eigentlich mit der Organisation gar nichts zu tun, doch sie scheint in dem business wirklich eine Art Autorität zu sein. Sachen gibt’s… 

Der Knaller (der eine): Sven hat um 23 Uhr nur für eine halbe Stunde übernommen, damit ich mich für „den Orgasmus des Jahres“ frischmachen kann, denn ICH DURFTE den Jahreswechselorgasmus und alles danach machen!
Er hat gemeint, die Leute wären so happy mit mir – why change? Go for it! Äh ja. Hab’s dann bis halb Vier durchgezogen bis ich zusammengeklappt bin. Ohnmächtig, glaube ich. Selbst Schuld, ohne Koks, meinte Sven und hat mich dann wieder eine halbe Stunde vertreten, bis um Vier, dann habe ich ihm gezeigt, dass man es auch ohne Gift bis 10 Uhr morgens aushalten kann, wenn man fit genug ist. Und direkt danach auch noch ficken kann (okay, ‚gefickt werden‘, aber Orgasmen sind Orgasmen).
Das war dann der zweite Knaller, denn im Laufe der Nacht hat mir Joana SJ vorgestellt (nicht, dass man sie erst extra vorstellen müsste…). Die hat dann irgendwann ihr Shirt und den BH ausgezogen (ja, die meisten waren ganz leger in Jeans, Shirts oder simplem Kleidern) und hat mit mir auf der Bühne getanzt. Diese Dinger sind vielleicht herumgehüpft – ich konnte kaum den Überblick behalten. Hab irgendwann mal einfach auf Playlist geschaltet und hab mit ihr eine Mordsshow abgezogen. Ihre Teile sind aber auch… Sie sehen in den Filmen ja schon groß aus, doch ich schwöre: nichts gegen die Realität!
Auf dieser Party hat aber auch wirklich kaum jemand Hemmungen. Die, die erst gegen 11 kamen (jüngere) haben an der Garderobe gleich ihre Shirts und BHs mit abgegeben und kamen gleich oben ohne in den Saal! SOOOOO KRASS! Wieso da bloß keine von ihnen Angst hat, dass irgendjemand von den Caterern oder Guards heimlich ein Smartphone auspackt??? Die Dinger sind natürlich verboten und jeder wird durchsucht – ja, jeder: AUSNAHMSLOS – trotzdem… Ich habe jetzt so viele Starmöpse gesehen, dass ich mich nie mehr werde auf einen Film konzentrieren können! 
Aber der Punkt, den ich sagen wollte: SJ hat mich um 10 in eine Limo und dann in ihr Hotel geschleppt wo wir – na ja. Ficken eben. So richtig. Ich schreibe ’so richtig‘ weil SJ behauptet, noch nie mit einer Frau… LACHHAFT! 
Wie auch immer… Joana hat mich dann abgeholt und ich bin sofort in ihren Armen eingeschlafen. Angeblich schon im Aufzug…

Bin ich jetzt eigentlich wach? SJ hat mir jedenfalls noch ein Küsschen geschickt mit den Worten: „Sometime again?“ 

Fuck, yeah! 

Aber ich fürchte, dass war so eine typische Afterparty-Platitüde. Whatever… Ich werde sicherheitshalber mal ein „Sure“ mit einem Herzchen zurückschicken. Und dann sterben. 

Nachtrag: Chris und ich fliegen zurück nach NY. Ich bleibe nicht zu den Globes. Das soll Joana mal schön alleine machen. Ich bin schon viel zu lange von meinen Leuten weg.
Außerdem bin ich ganz heiß drauf, die neue Crew kennenzulernen.

Nachtrag: Ich überlege, ob ich dieses Tagebuch veröffentlichen sollte. Wäre ja nicht das erste Mal.

Nachtrag: Habe ich eigentlich von Weihnachten erzählt? Na ja, Weihnachten war eben Weihnachten. Außer, dass Joana mir dieses Wahnsinnsgeschenk gemacht hat und mich wirklich ausgetrickst hat. Jetzt stehe ich da und muss improvisieren. Vor allem muss ich ihr jetzt den verdammten dicken Wälzer alleine – ohne die Hilfe von Anik und Wolfgang – übersetzen. Ansonsten war’s eben Weihnachten. Wie Weihnachten ohne die eigene Familie eben so ist. Schön.

Nachtrag: Okay, veröffentlicht. Ich muss solche Entscheidungen schnell treffen, sonst mache ich es nie. Na, dann werde ich mal sehen, was dabei herauskommt. Das Leben ist eine Achterbahn.

Nachtrag: Immer noch 2 Stunden bis Newark, dann vermutlich noch eine Stunde bis ins Village. Wir werden noch einmal in Joanas Apartment schlafen, bevor es dann morgen zurück aufs Boot geht. Chris will eigentlich heute Nachmittag nochmal zum Boot. Aber das Einzige, wohin sie heute Nachmittag gehen wird, ist in mein Bett. Das weiß sie nur noch nicht.