Das haben wir perfekt hinbekommen: Wir werden rechtzeitig vor dem Eintreffen des nächsten Sturmausläufers Stavanger erreichen. Weiter geht es dann Samstag früh am Morgen, denn das Wochende hält nettes Segelwetter parat. Wie es danach weitergeht, steht in den Sternen, denn die Vorhersage für die gesamte nächste Woche lautet: Sturm, Sturm, Sturm. In Wellen mit kleinen Atempausen, in denen wir uns vielleicht von Fjord zu Fjord hangeln können. Das Schwierige dabei – wie schon seit Bergen: der Wind kommt von Achtern und macht das Boot langsam und schwer zu manövrieren. Gefährlich zu manövrieren, sollte ich eigentlich sagen – wir sind fast versucht, die vielen schicken Knöpfe im Ruderhaus zu benutzen. Bei so einem Wetter in Küstennähe zu segeln ist nicht besonders witzig. Auf hoher See sind solche Sturmzonen nicht ganz so tragisch, denn man versucht Schlechtwettergebiete weiträumig zu umgehen. Außerdem zerschellt man seltener an Felsen.
Wetter hin, Wetter her – ich vermisse das Fliegen. Jetzt schon! Wie wird das erst, wenn ich mich zur Ruhe setze und nur noch ab und zu schleichende Kreise über immer dem selben Flugplatz drehe? Ich darf nicht darüber nachdenken. Mazikeen kontert dann gerne mit dem Satz: „Ich sage nur: Rennboot!“ Mein Wasserdämon. Was habe ich mir da nur angelacht?
Ansonsten gibt es gerade nicht viel Neues; wir sind zu sehr mit dem Segeln beschäftigt, als dass wir viel Anderes im Sinn haben könnten. Vielleicht erkennt man das auch an meinen eingeschränkten Social-Media-Aktivitäten. Es wird wieder mehr werden, mein Job ist nämlich deutlich weniger anstrengend als dieses Wetter.
Das Powersegeln bringt einen Vorteil mit sich: Ich habe kaum Zeit, um mich über das, was in Timbuktu, in Kommentaren und in Trumps kleinem Hirn passiert, aufzuregen. Selbst hier, wenige Meilen vor der norwegischen Küste, lebt man in seiner eigenen Welt und gibt einen Scheiß auf die Nachrichten. Ziemlich cool. Wichtig sind hier nur Wind, Wellen und Whisky. (Ich hätte lieber Tequila geschrieben, doch das fängt nicht mit „W“ an.) Trotzdem sind seemännische Scheuklappen natürlich das Rezept für Selbstbetrug:
Der nächste Landgang kommt bestimmt, und dann sind sie wieder da, die unerwünschten Menschen und ihre Meinungen.
