
Autoren-Archive: Andrea Downey-Lauenburg
Die Boshaftigkeit
Ich habe lange überlegt, wie ich das, was einen großen Teil der Menschen in den sozialen Medien umtreibt, bezeichnen soll – das englische Wort „spite“, die Boshaftigkeit, die Gehässigkeit, die Verachtung, trifft es am besten.
Nicht etwa die Dummheit, die Unwissenheit, der Bildungsmangel, die Geltungssucht, der Neid oder wie man die anderen netten Eigenschaften und Charaktermängel bezeichnen will – es ist Gehässigkeit, die viele Kommentarschreiber umtreibt. Und dabei spielt es keine Rolle, ob man ein -innen anhängt oder nicht: Die Boshaftigkeit ist geschlechterübergreifend. Auffallend dabei ist, dass die Gehässigen zumeist keine eigenen Inhalte zustande bringen. Und wenn doch, dann triefen sie nur so vor Verachtung.
Natürlich ist Gehässigkeit nicht Gehässigkeit. Während die einen sich mit kleinen Seitenhieben (beschämend, traurig, bitter, unreflektiert) begnügen, gehen die anderen in die Vollen, und greifen zu handfesten Beleidigungen und massiven Drohungen. Nur weil ihnen eine Meinung, eine Wortwahl, eine Idee nicht gefällt! Der Hintergrund solcher Angriffe ist immer der Gleiche: spite. Die Boshaftigkeit. Ich benutze gerne das englische Wort, nicht nur, weil ich Engländerin bin, sondern weil es die Widerwärtigkeit in einer einzigen, dramatischen Silbe vereint.
An der Boshaftigkeit der Menschen liegt es, dass ich auf Twitter keine Kommentare mehr lese, und dass ich auf Facebook und in meinem Blog den größten Teil der Gehässigkeiten und der Besserwisserei nicht mehr freischalte. Nicht etwa, weil ich mit der menschlichen Natur nicht umgehen könnte, sondern weil ich es nicht einsehe, der Kommunikationsverrohung Vorschub zu leisten, indem ich der Gehässigkeit auch noch Raum biete.
Ich bin kein Politiker. Wäre ich es, würde der Umgang mit Boshaftigkeit quasi zu meiner Berufsbeschreibung gehören. Ich schreibe einen Blog und ich schreibe Bücher. Ich will keine Wahlen gewinnen.
Ich verstehe, dass es viel Dummheit gibt, nicht jeder hat sich bei der Intelligenzverteilung laut genug gemeldet. Ich verstehe, dass nicht jeder über genügend Bildung verfügt, um Bücher ohne Bilder zu verstehen. Ich verstehe – zumindest in Teilen – den Neid, den Menschen verspüren können. Was jedoch nicht bedeutet, dass etwas davon die Gehässigkeiten und Beleidigungen gegen Einzelne in den sozialen Medien rechtfertigt.
Immerhin erinnert mich die Boshaftigkeit, der viele Menschen nachgeben, meine eigenen Aussagen, noch intensiver zu hinterfragen. Um nicht selbst Dinge zu schreiben, die ich bei Anderen als „spite“ bezeichnen würde.

Check out this track on TIDAL: „The Downeaster „Alexa“ (Live at LA Sports Arena, Los Angeles, CA – April 1990)“ by Billy Joel https://tidal.com/track/108402428

Soziale Medien. Kaum zu ertragen. Nichts davon. Ich werde alt.

Mein jüngster Roman
Check out this track on TIDAL: „my aphrodisiac is you“ by Katie Melua https://tidal.com/track/63757842

Hier in meinem Blog ist die Welt noch in Ordnung
Aber wie lange noch?

Erster Tag im Paradies
Geschafft! Nach Wochen auf See haben wir wieder festen Boden unter den Füßen!
Mazikeen und ich sind als erste an Land, während Ken sich um die Zollformalitäten gekümmert hat. Behörden. Es ist doch immer das Gleiche, ob Vereinigte Staaten oder Winzrepublik. Aber das Wetter ist geil. Und heiß!
30 Grad und ein wolkenloser Himmel. Weißer Sandstrand. Strahlend blaues Wasser. Wenn hier nicht so viel Ungeziefer herumrennen und der Wind uns nicht so um die Ohren blasen würde, könnte man sich so tatsächlich das Paradies vorstellen.
Apropos Paradies: Ich habe euch jetzt etwas voraus, nämlich Zeit. 11 Stunden, um genau zu sein. Auf der Fahrt hierher haben wir nämlich einen ganzen Tag verloren, es ist Sonntag, 19 Uhr, während es in Deutschland gerade mal 8 Uhr am Morgen ist. Warum? Weil die Line Islands mehr oder weniger auf der International Date Line liegen und der Kalender hier einen Hüpfer macht. Unfair: Da unsere Reise uns nur Richtung Westen führt, werden wir den gestohlenen Tag auch nicht mehr zurückbekommen.
Joana und Eva sind noch nicht angekommen, das macht aber nichts, wir haben Zeit zu warten. Ein paar Tage ohne rauschende Wellen und ohne Schräglage werden uns gut tun. (Ob sie ihren Typ dabeihaben wird, hat sie mir immer noch nicht verraten. Ich fürchte aber schon – warum sonst würde sie sich zu diesem Thema ausschweigen?)
Aber jetzt gibt es erst einmal ein richtiges Abendessen, ohne dass wir unsere Teller festhalten müssen! Nackt an Deck. (Unser kurzer Strandbesuch hat leider im Bikini stattgefunden. Oben oder gar unten ohne ist ja meistens nicht gerne gesehen. Warum auch immer.) Mondlicht, Sternenhimmel und himmlische Ruhe. Leider immer noch unterm Soft-top, weil der Wind uns sonst den Spaß verderben würde.
Mazikeen, Ken, Gernot, ich – und ja: Zoe. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Die Reise hätte so schön werden können!
Sonst noch Fragen?
Die Sache mit der Altersdiskriminierung will mir einfach nicht aus dem Kopf!
Welche Altersdiskriminierung?
Genau. Das ist der Punkt.
Wenn sich jemand anmaßt, über die Beziehung Anderer zu philosophieren oder gar urteilen zu können, nur weil zwischen den Personen ein Altersunterschied besteht, der größer als der erwartete ist – das ist Altersdiskriminierung!
Wenn eine 25-jährige (oder ein 25-jähriger) sich in eine 70-jährige Person verliebt – was geht uns das an? NICHTS! Hört endlich auf von euch auf andere zu schließen! Zum Beispiel das Geld oder den Status des Älteren oder den Body des Jüngeren besitzen zu wollen. Alles, was diese Einmischungen signalisieren – wenn auch noch so versteckt – ist Neid. Purer, simpler, grasgrüner Neid.
Und jetzt erzählt mir bitte nicht, ihr würdet als 50-jähriger niemals freudig die knackfrische 25 Jahre jüngere Frau ins Bett heben (falls es die alten Knochen noch zulassen). Oder als Twen die Kreditkarte des älteren Partners überglücklich zum Schuh-Shopping ausführen. Heuchler, wer das bestreitet! Ich schätze, bei euch wäre das natürlich altersunabhängige Liebe, richtig?
Mein Schwager, der 23 Jahre älter als meine Schwester ist, hat eine Tochter, die gerade mal drei Jahre jünger als seine Frau ist. Als die ihren neuen Freund vorstellt, entblödet dieser sich nicht zu fragen, was denn „das Geheimnis“ meines damals 48-jährigen Schwagers sei. Ganz offen. In dieser Viererrunde!
Dazu fällt mir dann nichts mehr ein.
Ihm schon: „Platinkarten, fetter Benz und Riesenschwanz“.
Meine Schwester Anik hat zustimmend genickt: „Ausserdem fickt er gut. Sonst noch Fragen?“
(Muss ich noch erwähnen, dass meine Schwester diejenige in der Beziehung ist, die das Geld und den Benz mitgebracht hat?)
Erwähnte ich eigentlich schon, dass Zoe wieder aufgetaucht ist? Immer dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann (und man sie am wenigsten erwartet)!

Idee: Heiratet doch einfach jemanden, der euch nicht wegen einer Jüngeren verlässt!

Jugendliche Erbschleicher
Irgendwie habe ich segeln anders in Erinnerung: mehr Romantik, weniger Stress. Aber das muss wohl zu der Zeit gewesen sein, als Andere für uns die Arbeit gemacht haben. Sprich, als wir eine Crew an Bord hatten.
Bei dieser Art Wechselwirkungsanalyse fällt mir eine Situation ein, in der Calista Flockhart in der Serie „Brothers & Sisters“ eine Szene in einem Restaurant modern feministisch kommentiert hat. Zwei Gäste, er 65, sie 25, speisen friedlich in einer Ecke und Kelly/Calista philosophiert gegenüber ihrem Date, wie sehr junge Frauen doch von alten Männern ausgenutzt würden. Für mich hingegen stellt sich die Frage, wer dabei eigentlich wen ausnutzt? UND WAS ANDERE DAS ANGEHT?!

Wenn ich mich von alten Männern ficken lasse, weil sie mir Dinge bieten können, die andere nicht im Angebot haben – zum Beispiel Erfahrung, Reichtum, Erbe – DANN IST DAS DOCH WOHL MEINE SACHE! Und wieso soll eigentlich der arme, reiche, alte Sack Schuld haben, wenn jugendliche Erbschleicher ihn angraben? Und überhaupt, wer gibt uns das Recht, andere Menschen für ihre einvernehmliche Partnerwahl zu verdammen?
Wie sehr ich diesen Pseudofeminismus hasse!

26 Grad und kein bißchen Sonne
Heute erreichen wir den 10. Breitengrad und bis zum Äquator sind es dann nur noch 600 Meilen (500 bis zu unserem Etappenziel). Was sich in den Temperaturen bemerkbar macht: Unter dem Soft-top und unter Deck brauche ich keine Klamotten und schon gar kein Neopren mehr, denn 26 Grad bei bewölktem Himmel Tag und Nacht reichen für wetterbasiertes Glücklichsein. Und der Wind hat uns auch nicht verlassen. Die achterliche 22-Knoten-Brise bläst uns mit sagenhaften 7,5 bis 8 Knoten nach Südwesten. Manchmal passt eben einfach alles.
Da kann ich dann auch schon einmal eine halbe Stunde den Krieg in Europa vergessen.
Eine halbe Stunde – mehr ist nicht drin. Ich bin eben nun einmal ein Nachrichten-Junkie und das scheint sich auch nicht ändern zu lassen, so oft ich es auch versuche! Die deutschen Medien sind nicht mein Problem, die sind nicht nur schlecht, ungenau und parteiisch, sondern gehen mir auch durch ihre ununterbrochenen Versuche den Leser zu erziehen, auf die Nerven. Das letzte Mal, als ich nachschaute, waren Nachrichten noch dazu da, Menschen zu informieren, nicht nach dem Vorbild der Journalisten zu formen. Aber egal: Wozu gibt es englischsprachige Länder? Dort bekommt man wirkliche Informationen und muss dabei keine Schulstunde von Leuten ertragen, die weder informiert noch eloquent sind, für die Rechtschreibung unwichtig ist, und die altersmäßig fast meine Kinder sein könnten!
Habe ich mich jetzt tatsächlich wieder einen ganzen Absatz lang über unfähige und prätentiöse deutsche Journalisten aufgeregt? Sorry. Sei’s drum…
Ich werde mir jetzt erst einmal ein wenig Katie Melua antun, das beruhigt mich meistens. Wieso macht die Frau eigentlich so herrlich gemütliche Musik, obwohl sie selbst solch ein Adrenalin-Junkie ist? ( https://tammysdiary.blog/tammy-und-musik/ )
Lass mich mit Möpsen in Ruhe!
Es ist amtlich: In ein paar Tagen werde ich Joana wiedersehen! Und Eva! Krasse Sache!
Ob Joanas Freund dabei sein wird, ist noch nicht raus. Ich zittere noch, wobei ich mich frage, in welche Richtung ich zittere: Will ich ihn kennenlernen, will ich ihn gar auf dem Boot haben oder doch eher nicht? (Der Fakt, dass auch er ein – einigermaßen – erfolgreicher Schauspieler ist, interessiert dabei nicht, auch wenn ich ihn schon in einer Serie gesehen habe: Meine Starverrücktheit reduziert sich auf weibliche Schauspieler und Sänger. Mick Jagger und Harrison Ford bekämen von mir bestenfalls einen nackt servierten Kaffee. Der Sternenkrieger gerne mit Milch, weil er ebenfalls Pilot ist.)
Da ich gerade von Milch sprechen: Wenn ich meine Titten mit denen von Gaga und Joana vergleiche, kann ich mich nicht beschweren. Zugegeben, Joana spielt altersmäßig nicht mehr in meiner Liga, doch beide haben keine Hemmungen ihre Brüste im Originalzustand zu belassen und sie gelegentlich freudig ungestützt zu präsentieren. Warum sollte also ich zum verhassten BH greifen? Nur weil ich eine verarmte Pilotin und kein Superstar bin?
Ken zu diesem Thema: „Lass mich mit deinen Möpsen in Ruhe!“
Schwanzlutscher!
Wenn mich etwas ärgert, ist es mein Arsch! Vergleiche ich alte Nacktfotos mit denen, die Mazikeen gestern von mir am Kreuz gemacht hat – ja, so etwas Ähnliches haben wir hier – könnte ich platzen! Warum kann unsereins nicht einfach jugendlich straff in den Sarg springen?! Sei’s drum, ich selbst muss ja lediglich draufsitzen. Und wie ich immer sage: Was interessieren mich die schnöden Gedanken Anderer, solange sie mich damit verschonen?
Egal… Eines jedenfalls steht fest: Joanas Typ hat nichts in unserem Bett verloren, unsere Titten bleiben unter sich!
Stay positive
Nach so vielen Tagen ständiger Geräuschkulisse von Wind und Wasser, sehnt man sich schon nach ein wenig Ruhe. 24/7-Non-Stop-Segeln ist aber auch nicht unbedingt im Sinne des Erfinders. Irgendwann helfen da auch Sennheiser, noice cancelling und die Rolling Stones nicht mehr. Aber wir haben unser erstes Ziel ja bald erreicht. In Tagen, nicht mehr erst in Wochen.


Wonach ich mich am meisten beim nächsten Landgang sehne: An einer richtigen Bar zu sitzen und gemütlich ein Fläschchen Tequila zu trinken. Und mit einer fremden Tussi herumzuknutschen bis eine von uns anfängt zu kotzen.

Ich liebe Mazikeen, das steht völlig ausser Frage. Inzwischen bin ich mir aber auch sicher, dass meine sexuellen Vagabundenzeiten vorbei sind. Was nicht heißt, dass ich deswegen anderen Frauen abgeschworen habe. Ich kann mir lediglich nicht mehr vorstellen, immer wieder längere Zeit von meinem Dämon getrennt zu sein.
Lügen und lieben
„Ich habe Angst“, sagt Joana: „Jetzt habe ich den gesamten Kalten Krieg überlebt, ohne dass mir der Himmel auf den Kopf gefallen ist, und jetzt bekomme ich Angst!“
„Ich bin mir sicher, sie werden alleine schon für deine letzten beiden Filme ganz Bel Air einäschern“, entgegne ich und bereue es gleich wieder. Jede begnadete Schauspielerin hat bei ihrer Rollenauswahl schon mal in die Scheiße gegriffen. (Allerdings hat Joana sich gleich darin gesuhlt.)
„Sehr witzig. Ich habe wirklich Angst.“
Ich glaube es ihr; ich kann es an ihrer Stimme erkennen, bilde ich mir ein.
„Das tut mir leid. Aber da wo du wohnst, hätte ich das auch. Möchtet ihr für eine Weile nach Orcas ziehen?“ Ich bezweifle jedoch, dass eine Insel zwischen Seattle und Vancouver sehr viel sicherer ist. Vielleicht verpufft man dort nicht in der ersten Sekunde oder wird vom eigenen Haus erschlagen, sondern kotzt sich erst ein paar Tage später zu Tode, doch ob Keramikurne oder Teakholzsarg – wen interessiert das dann noch? Das Ergebnis gibt sich nichts. Hier draußen haben wir immerhin eine reelle Chance die Zeit bis zur Menopause sinnvoll nutzen, und uns langsam ins nasse Grab ficken.
„Möchtet ihr zu uns kommen?“, frage ich schließlich mit zusammengebissenen Zähnen. Ich habe das Gefühl als müsse ich meine Kiefer gewaltsam voneinander befreien. „Für die Hunde wird es allerdings ein wenig eng, fürchte ich“.
Ich muss an meine eigene Hündin denken, die jetzt wieder mal bei Anik lebt. (Es ist kaum zu glauben, doch der Boxer kann uns auseinanderhalten! Es sei der Geruch, behauptet meine Schwester, Hunde mögen kein Dior.)
„Warum machst du so einen Vorschlag, obwohl du ihn nicht ernst meinst?“, fragt Joana.
„Weil ich dich liebe, du Verräter! Was bleibt mir übrig?“
„Du könntest ihr zum Beispiel sagen, dass sie den Arsch zu Hause lassen soll“, flüstert Mazikeen und stellt einen neu gefüllten Kaffeebecher in einen der Getränkehalter des Tisches.
„Ich meine es so“, füge ich bekräftigend hinzu. Meinem Dämon zeige ich den Mittelfinger.

„Du würdest uns beide an Bord akzeptieren?“, fragt Joana erstaunt.
Ich wechsele vom Mittel- zum Zeigefinger und strecke ihn Mazikeen warnend entgegen: „Kein Wort!“, drohe ich flüsternd.
„Wenn der Typ dich glücklich macht, was soll ich da sagen? Und, wer weiß, vielleicht ergibt sich ja auch eine Gelegenheit ihn heimlich an die Haie zu verfüttern.“
„Das traue ich eher Maze zu“, lacht Joana. Dann wechselt sie das Thema: „Weißt du, dass Gabby gefragt hat, ob du wohl Eva für eine Weile nehmen würdest?“
„Dich hat sie das gefragt?“
„Sie traut sich nicht.“
„Weil sie mich nicht zur Hochzeit eingeladen hat?“
„Sie hat ein schlechtes Gewissen.“
„Sollte sie“, nicke ich. Es ist eine Sache, wenn Joana, die Hetero-Frau, die ich schon mein ganzes Leben lang liebe, jetzt wieder mit einem Mann zusammen ist, eine ganz andere jedoch, wenn meine Hetero-Mistress mich für einen Typ sitzen lässt. Das geht mir dann eher am Arsch vorbei. Manchen fällt es schwer das zu begreifen. Joana kapiert es. Sie hat in ihrem Leben zweimal die Shakespear’sche Liebe erfahren. Einer ihrer Romeos bin ich. Der andere – ein verficktes, gewissenloses Superarschloch, das ihr Jahre ihres Lebens gestohlen hat! Aber das ist ein anderes Thema. (Mazikeen meint dazu übrigens nur, dass ich selbst schuld wäre, wenn ich die Finger nicht von Weibern lasse, die sich lebendige Schwänze in die Fotze stecken. Ja, ja, bla, bla, bla…)
„Ich habe Gabby gesagt, dass für Eva immer Platz auf eurem Boot ist.“
„Ich hasse Kinder!“, lüge ich.
„Deine Brüste werden immer hübscher!“, lügt Joana.
„Mir kommt kein Balg aufs Boot!“, lügt Mazikeen.
„Ich liebe euch.“
Letzteres ist die Wahrheit.

Wendekreis des Krebses
Here we go: Wir haben den nördlichen Wendekreis erreicht (Wendekreis des Krebses).
Der Wind ist weiter abgeflaut, aber trotzdem machen wir erstaunliche 4-5 Knoten! Wir haben die Zone erreicht, in der die Tages- und Nachttemperaturen kaum noch voneinander abweichen. Um die 20 Grad sind es derzeit, Tendenz schnell steigend, je weiter wir uns dem Äquator nähern. Auf einem fahrenden Boot reicht das natürlich nicht, um die warmen Klamotten loszuwerfen. Merke: Unter Segeln ist der gefühlte Wind deutlich stärker als der tatsächliche. Aber immerhin macht Neopren keinen Sinn mehr. (Außer natürlich, wenn man auf verschwitzten Sex steht!)
Wir konnten jetzt auch den hinteren Teil des Softtops entfernen und langsam fängt es an, sich frühlingshaft anzufühlen. „Warte nur ab, wie schnell du dir den Winter zurückwünschst!“ Vermutlich hat Mazikeen Recht: Die Äquatorhitze wird unser Blut kochen lassen: Ich sehe es schon kommen! Da kann man nur hoffen, dass unsere Klimaanlage dem gewachsen ist. Bei solchen Aussagen kann mein Dämon nur grinsen, was bedeutet: Willst du mich beleidigen? Was Maze einbaut und wartet, hält für die Ewigkeit. (Fingers crossed!)
Wie dem auch sei: Es wird wärmer.
Noch 24 Stunden am Wind Richtung Süden, bevor wir auf Raumkurs zu unserem ersten Etappenziel gehen. Was die Moral angeht: An Bord herrscht Aufbruchsstimmung und alle sind wir froh, die sogenannte „Zivilisation“ hinter sich gelassen zu haben.
Wer kann uns das auch verdenken?
(Vermutlich der Rest der Welt? I don’t fucking care!)
Root Causes

Ach, was ist es im Wald so schön… Ich bin jedoch eher der Luft-Und-Wasser-Typ.
Aber wem will ich hier etwas vormachen: Dieser verdammte Krieg versaut einem alles. Ich weiß ja: Putin hat ihn begonnen, doch es gibt zu jedem Auslöser auch Ursachen für Krisen. Root causes, auf Englisch. Ich finde, der Ausdruck trifft es besser. Leider kommt viel zu viel Leid auf dieser Welt aus einer einzigen Richtung (#BlickNachHinten).
Nichts jedoch kann #PutinsHände jemals vom Blut befreien.

Noch 200 Seemeilen bis zum nördlichen Wendekreis und etwa 1.600 bis zu unserem ersten Etappenziel den Line Islands.
Wir behalten unseren südlichen Kurs, je nach Wetter, noch zwei Tage bei, bevor wir schließlich auf den endgültigen Südwest-Kurs drehen. Bislang machen wir ordentlich Meilen, der kontinuierlichen 12-Knoten-Brise sei Dank. Erstaunlich, wie gut sich das Boot dann doch so hart am Wind macht. Der Plan ist nach wie vor Hawaii mit einem Abstand von mindestens 500 Meilen zu passieren, was wir bei der derzeitigen Wetterlage auch problemlos bewerkstelligen sollten.
Better safe than sorry, wie es so schön heißt, denn nach wie vor ist der Inselstaat der wichtigste US-Militärstützpunkt im Pazifik.

Warten auf Sommer…

Von Sternchen-Schmalz und Einhorn-Weibchen
Was mich an Twitter nervt? Dass man den ganzen Müll auf die Timeline bekommt, den die eigenen Follower mögen.
Insbesondere diese ganzen naiven Möchtegern-Feministinnen, die daran glauben, dass männliche Instinkte mit Appellen ausgeschaltet werden können, gehen mir gewaltig auf die Nerven. Intelligenz und Vernunft gegen fortpflanzungs- und auswahlorientierte Evolution? Da weiß ich gar nicht mehr, ob ich Nietzsche hassen oder lieben soll!
Oder die ganzen einhornverklärten Gutmensch(innen), die Gendern mit Feminismus verwechseln… Ihr könnt euch ja gerne durch eure Sternchen sexismustechnisch ins Mittelalter zurückentwickeln, ABER DOCH BITTE NICHT AUF MEINER TIMELINE!
Schlimm ist, dass man diese verschmalzten Tweets erst lesen muss, bevor man erkennt, was für ein unsäglicher Unsinn drinsteht. Dann ist es aber leider bereits zu spät und ich muss meinen Kopf gewaltsam am Schütteln hindern!
Wenn diese elenden sozialen Medien einem doch wenigstens nur das um die Ohren hauen würden, für das man sich selbst entschieden hat!
Leider ist das Meiste von dem, was mir die eigenen Follower antun, vollkommener Unsinn, weil die Leuten mir offenbar nur aus Versehen folgen! (Wie kann jemand meine Abscheu gegen Alibifeminismus teilen und gleichzeitig Einhorn-Weibchen folgen, deren Handy offenbar eine Sternchen-Kurzwahltaste besitzt? Ich hasse Heuchler!)
Ich muss irgendwie dazu übergehen, nur noch nette Bildchen anzuschauen, UND KEINESFALLS MEHR ZU LESEN, WAS AUF MEINER TIMELINE STEHT.
Das verbessert hoffentlich meinen Allgemeinzustand.

Mein Blog braucht eindeutig mehr hübsche Frauen und weniger Krieg.


Wie Schwule funktionieren
Mitternacht ist vorbei.
Es macht tatsächlich Spaß, mit Ken durch die Nacht zu segeln.
Ich habe den Autopilot abgeschaltet und Ken hält die Lady Brendan händisch auf Kurs, weshalb ich alle halbe Stunde in den Sturm muss, um mich um die Segel zu kümmern. Doch der Wind lässt nach. Wir erwarten ganz nettes Wetter für die kommenden beiden Tage.
Über den Krieg sprechen wir bislang kaum. Ein kurzer Einwurf hin und wieder, die meiste Zeit reden wir von Liebe und Sex. Vor allem Ersteres, was ich nicht gewohnt bin. Kens eigentliches Lieblingsthema sind Muskeln und Schwänze. Und mein Body, seltsamerweise.
„Den hätte ich gerne“, behauptet er: „Plus Schwanz.“

Das habe ich ihm noch nie geglaubt. Wirklich nicht. Schwule funktionieren so nicht, kontere ich für gewöhnlich seine diesbezüglichen Komplimente.
„Woher willst ausgerechnet du wissen, wie Schwule funktionieren?“
Er jedenfalls würde so funktionieren. Wie das bei Anderen ist, wisse er nicht. Würde ich denn nie dazulernen und „mit deinen dummen Verallgemeinerungen aufhören“?
„Du fickst ja auch gern Weiberärsche“, entgegne ich indigniert.
„Zur Not. Eure Arschlöcher sind unästhetisch.“
Manchmal habe ich wirklich Lust, ihm eine reinzuhauen.
Depressive Nächte
Hat jemand im Moment die Muße, das zu genießen, was er genießen könnte?
Wir – ich – tun uns jedenfalls schwer. Was so unendlich schade ist, vor allem für meine Partnerin, die so lange darauf warten musste, dass sie endlich wieder die Nummer Eins in meinem Leben sein kann. Und noch dazu mitten in ihrem Element: den Ozeanen der Welt.
Aber natürlich kann und will ich mich nicht beklagen, denn uns geht es so unendlich viel besser als Millionen anderer Menschen. Trotzdem: Jeder hat sein eigenes Leben, sein eigenes Schicksal und seine eigenen Träume.
Ich hatte mich ungemein auf die einsamen Nächte im Pazifik gefreut. Und dann hat dieser Kriminelle im Kreml den Verstand verloren und Europa in einen blutigen Krieg gestürzt! Ernsthaft: Wie soll man da noch etwas genießen können? Stattdessen bekämpfe ich jetzt in jeder verdammten Nacht aufkommende Depression. Etwas, zu dem ich eigentlich ganz und gar nicht neige.
Eine neue Schicht steht bevor und damit die Lektüre von einer Menge neuer Presseartikel, die ich beim letzten Satelliten-Login heruntergeladen habe. Ich kann es nicht lassen. Eigentlich sollte ich mich auf positive Dinge konzentrieren und mich nicht ständig informieren, was gerade in der Ukraine passiert und mir vorstellen, wie Europa schon in ein paar Monaten aussehen könnte. Es gab im 20. Jahrhundert schon einmal einen skrupellosen, größenwahnsinnigen Irren. Die Welt hat ihre Lektion leider nicht gelernt, sonst wüssten wir was passiert, wenn man diktatorische Bestrebungen nicht sofort im Keim erstickt. Es ist mir ein Rätsel, wie die Nato diesen ausgewachsenen Krieg direkt vor ihrer Haustür dulden kann.

Wir sind zu viert auf dem Boot und erstaunlicherweise sind wir alle der gleichen Meinung: Mit jedem Tag, an dem die Nato untätig bleibt, erhöht sich das Risiko für einen dritten Weltkrieg. Dazu muss ich natürlich sagen, dass nur wer die Fakten kennt und die Experten hat, wirklich fundierte Meinungen äußern kann. (Wobei auch solche Leute Fehler machen können.) Aber ich stehe dazu, dass Ansichten von Hinz und Kunz (oder Downey-Lauenburg in diesem Zusammenhang) nicht die Basis von weitreichenden Entscheidungen sein können. Das trifft auf jedes Thema zu, nicht nur auf Fragen nach Krieg und Frieden. Trotzdem fällt es mir schwer, nicht den Kopf zu schütteln, wenn ich mir sicher bin, dass hier von Politik und Militär gerade verheerende Fehler gemacht werden. Ich sehe die Katastrophe schon vor meinem geistigen Auge …

Und da soll Frau keine depressiven Gedanken bekommen?
Ken hat versprochen, mir in der Nachtschicht Gesellschaft zu leisten. Ich schätze, das wird mich zumindest teilweise ablenken. (Vermutlich hat es ihn schockiert, als ich ihm erzählt habe, dass ich vor dem Virus überlegt habe, als Subunternehmerin für die norwegische Luftwaffe zu arbeiten. Vorbei.
Trotzdem: Im Ernstfall wird mich wohl keiner davon abhalten können, meinen Teil beizutragen. Selbst mein Dämon nicht.) Ob ich die Ablenkung durch meinen Lieblingsschwulen jedoch wirklich will, ist fraglich. Ich werde es herausfinden.
Und da redet ihr von Liebe?
Nächte erzeugen Perspektiven. Ja, auch die einsamen. Oder gerade die. Schaukelt man noch dazu auf einem winzigen Holzgebilde tausende Meilen vom nächsten Ufer entfernt, werden Blickwinkel geradezu grotesk verzerrt. Oder geradegerückt, wie man es nimmt. Wenn die meterhohen Wellen in einer bewölkten Nacht die Differenzierung von Himmel und Ozean kaum noch erlauben, kann es schon mal kafkaesque werden.
Kann sich eine Landratte so etwas überhaupt vorstellen? Tausende Meilen nichts als Wasser? In alle Himmelsrichtungen? Norden, Süden, Osten, Westen: Wasser, Wasser, Wasser. Nach unten: Wasser. Kilometerweise. Nach oben: die Unendlichkeit. Schon krass, irgendwie.
Was ist dagegen das eigene Leben? Oder das der Partnerin? Richtig: Fischfutter. Mehr nicht. Wie diese gewichtslosen Futterplättchen, die man aus einer kleinen Dose ins Wasser streut. Die Menschheit ist das Plastikdöschen, jeder Ozean ein Seewasser-Aquarium zur besucheroptimierten Fütterungszeit.
UND DA REDET IHR VON LIEBE?!
Ich würde ja jetzt zum Lachen in den Keller gehen, doch hier gibt es keinen. Hier gibt's nur Wasser.

Hormonelle Nächte
Dem Einen oder Anderen ist es bereits aufgefallen: Mein Tagebuch füllt sich wieder. Wie kommt’s?

Es sind diese einsamen Nächte an Deck, wenn das ganze Boot schläft und ich mit mir alleine bin. Dann kommen die Gedanken und die Reflektion. Egal ob Windstille oder Sturm, egal ob Wellen oder stiller Ozean: Das Leben reduziert sich auf mich und die Unendlichkeit. Oder besser: Auf die Tastatur und die Unendlichkeit.
Im Alltag fehlt die Muße. Da sind zu viele Menschen und das zu fast jeder Zeit. Das ist auf dem Pazifik anders. Da stoppt die Zeit. Unendliche Einsamkeit. Und zwar nicht nur für eine Stunde beim Joggen, sondern für eine ganze Nacht.

Aber damit mich jetzt niemand falsch versteht: Es geht hier nicht um tiefgreifende, philosophische Erkenntnisse. So etwas gehört für mich auf die Rückseite von Kalenderblättchen. Ich habe lange aufgehört an Seelen, menschliche Größe und humanitäre Werte zu glauben.
Alles Bullshit!
Wir sind Tiere: Wir wollen fressen, herrschen und ficken. Das war’s. Liebe ist keine Illusion, sie ist der Wunschgedanke einer Spezies von skrupellosen und brutalen Affenartigen, deren Individuen sich einbilden, etwas Besseres zu sein.
Nicht mehr, nicht weniger.

Wie wir sie lieben, unsere Kämpferinnen. Beim Gedanken von ihnen gefickt zu werden, läuft uns die Möse aus. Natürlich muss sie uns lieben – unsere Wunschträume brauchen Futter.
Und wo lässt das Mazikeen und mich? Genau mittendrin. Dort wo auch jede Andere von Euch ihr hilfloses Leben fristet: im Strudel der eigenen Hormone und nicht etwa als einsame Gutmenschen inmitten von verirrten Seelen.
Und wenn ihr bis jetzt noch keine Leichen vergraben habt – keine Bange, die kommen noch. Nicht etwa, weil ihr im Laufe eures Lebens zu hormongesteuerten egoistischen Tieren mutiert, sondern weil ihr nach und nach feststellen werdet, dass ihr es immer gewesen seid.

Oh ja, ich liebe diese einsamen Nächte weit draußen auf dem Ozean. Die Wellen, der Wind, die Sterne und der Autopilot.
Und natürlich meine Hormone. Und das, was sie aus mir machen.