Der neue Tag, der Sonntag ist gerade eine Stunde alt und wir warten darauf, dass unsere Reise beginnt.
Natürlich ist es erst ein paar Tage her, dass dieselbe Truppe ein anderes Boot auf der anderen Seite des Atlantik bemannt hat. Und doch fühlt es sich an, als wären wir Jahre getrennt gewesen. Für alle, was kaum zu verstehen ist. Ob es am Boot liegt, mit dem wir – zumindest drei von uns – so intim vertraut sind?
Ich habe Mazikeen ins Bett geschickt, denn so wie alle sagen, scheint sie in den vergangenen Tagen überhaupt nicht geschlafen zu haben. Sie hat offenbar sowohl zu Hause wie auch auf der Fahrt hierher noch einmal alle Systeme überprüft und letzte Veränderungen vorgenommen, während Gernot die Bootsküche, die „Galerie“, weiter optimiert und die Lebensmittelbestände unter die Lupe genommen hat. „Ich habe noch nie etwas so Optimales vorgefunden“, hat er mir gestanden. Und Ken hat freiwillig ein paar abgeplatzte Lackstellen am vorderen Teil der Kabine abgeschliffen, grundiert und neu gestrichen. Die Lady Brendan sieht aus, als hätte sie gerade eben die Fertigungshalle verlassen!
Was ich auch noch nie erlebt habe ist, dass jemand für mich eine Party organisiert hat, nur weil ich an Bord gekommen und das Kommando übernommen habe.
Zugegeben, es klingt etwas hochtrabend bei nur vier Seelen an Bord von „Kommando“ zu sprechen, doch jedes Boot – wie auch jedes Flugzeug – braucht jemanden, der letztlich die Verantwortung trägt und das Sagen hat. Alles Andere kann tödlich enden, wie man es recht oft bei Freizeitkapitänen sieht. Wir allerdings sind uns dieser Dinge bewusst. Und wenn man sich die gesamte Besatzung anschaut, versteht man auch warum. Jeder von uns war, zumindest teilweise, professionell auf den Ozeanen unterwegs.
Allen voran Ken, das muss ich zugeben. Sein letztes Kommando in der zivilen Seefahrt war als Erster Offizier auf einem Kreuzfahrtschiff. So weit bringt es jemand, der schon mit 15 Jahren als Schiffsjunge auf einem Frachter unterwegs gewesen war. Mehr noch: Er hat die Reise mit uns einer Position als Kapitän eines neuen Schiffes der gleichen Reederei vorgezogen. Niemand kennt das Meer – speziell auch den Pazifik – besser als er. Von der Erfahrung her müsste eigentlich er der Boss hier sein. Aber das Boot, auf dem ich eine solche Reise unternehme, das von einem Mann kommandiert wird, muss noch gebaut werden! Ich traue keinem Mann, wenn es um rationale Entscheidungen in Streßsituationen geht. Erfahrung hin oder her. Ausserdem ist es nicht das erste Mal, dass ich auf einer Yacht – auch professionell – sein Captain war.
Und Mazikeen? Hallo!? Sie ist mein Dämon und nicht umgekehrt! Ausserdem – so oft sie auch auf Rennbooten unterwegs war – sie ist ein Ingenieur, ihre wirklichen Fähigkeiten liegen auf anderen Gebieten. Sie ist eine Kombi aus Macgyver, A-Team und Elon Musk.
Was mich selbst angeht – ich habe einige Luxus-Charteryachten in meinem Leben kommandiert, nie wirklich auf Weltreisen, doch ich weiß sehr genau wo bei einem Boot der Bug und wo Achtern ist. Und was Krisensituationen angeht, macht mir niemand etwas vor. Nirgends werden einsamere und reaktionsschnellere Entscheidungen verlangt, als in einem Flugzeug. Und nirgends kann eine einzige falsche schneller zur Katastrophe führen.
Es gibt, laut Maze und Ken, keine logischere Wahl als mich. Danke für die Blumen!
Und Gernot, Kens neuer Lover , was ist mit ihm?
Er kocht.
